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Lilly H.: Eine „Queen“ aus Potsdam

Potsdam ist wahrlich keine Basketball-Hochburg. An den Schulen oder auch KiTas gibt es kaum AGs und die Vereinslandschaft bietet noch ordentlich Luft nach oben. Dabei ist der Sport seit Jahren vor allem bei den Jüngeren äußerst beliebt. Nur mangelt es wie so oft an den Rahmenbedingungen – seien es Hallenzeiten oder ehrenamtliche Übungsleiter. Von kaputten, baufälligen Sporthallen ganz zu schweigen1.
Gerade für junge Mädchen gab es bis vor wenigen Jahren kaum gute Angebote in Potsdam, organisierten Basketball zu spielen. Eine Tatsache, die beispielsweise für die 15-jährige Lilly H. grundsätzlich kein Problem darstellte – bis sie sich in den Sport verliebte.
Heute dreht sich für die junge Potsdamerin vieles – nicht alles – aber doch vieles um das orangene Leder: Training, Punktspiele, Turniere und Support für die anderen Teams des Vereins – Lilly ist dabei, wenn es die Zeit erlaubt.
Wie sie zum Basketball kam und wohin die Reise gehen soll, erfuhr ich im Interview mit ihr.


Hast du die Frauennationalmannschaft verfolgt, wie sie sich vor kurzem erstmalig für Olympia qualifizierte?

Ich habe das tatsächlich nicht verfolgt. Generell verfolge ich Basketball im Fernsehen oder so nicht. Dafür habe ich zu viel zu tun. Meine Freunde, Teamkameraden oder mein Freund erzählen mir aber immer viel darüber, wenn sie es geguckt haben.

Das verstehe ich. Na dann mal weg von den Profis, hin zu dir: Wie bist du denn zum Basketball gekommen und seit wann spielst du schon?

In der Grundschule gab es ein Basketballturnier – da war ich sechste Klasse und mein Sportlehrer meinte, dass ich es im Unterricht sehr gut gemacht hätte und fragte, ob ich nicht bei dem Turnier mitmachen möchte. Das hat sich der Trainer eines Vereins angeschaut und kam danach mit einem Flyer und der Aussage zu mir, dass ich sehr groß sei und fragte auch, ob ich nicht mal zum Training kommen möchte. Ich habe hin und her überlegt, auch mit meinen Eltern gesprochen und schließlich zugestimmt.
So habe ich im Dezember 2019 mit Basketball angefangen und eineinhalb Jahre bei den Red Hawks Potsdam gespielt, bevor ich für ungefähr ein dreiviertel Jahre eine Pause gemacht habe. Danach bin ich zum neugegründeten Verein KINGS&QUEENS Potsdam gekommen – mit dem gleichen Trainer wie davor, Kai Buchmann (Anm.: zudem Gründer und Präsident des Vereins). Ich bin dort also von Anfang an dabei und spiele in diesem Jahr insgesamt seit ungefähr vier Jahren Basketball.

Du meintest, dass Kai Buchmann wegen deiner Größe auf dich aufmerksam geworden ist. Wie groß bist du aktuell und welche Position spielst du denn bei KINGS&QUEENS?

Ich bin mittlerweile 1.88m groß, noch 15 Jahre alt und spiele noch in der U16. Beim Damen-Oberligateam helfe ich manchmal aus und spiele dort nächste Saison fest. In beiden Teams stehe ich als Center in der Starting-Five und fühle mich mit der Position auch sehr wohl. Über die letzten Monate habe ich mich auch verbessert und meine Trainer sind sehr zufrieden mit mir. Letzte Saison war ich sogar MIP2 – die Auszeichnung wird bei uns im Verein jede Saison vergeben.

Stark! Jetzt aber nochmal zurückgespult: Mit der Größe wären ja auch andere Sportarten möglich gewesen – ich denke dabei an Handball oder Volleyball, gerade in Potsdam3. Warum ist es Basketball geworden?

Mit Basketball fühle ich mich persönlich am wohlsten. Auch mit meinem Team, selbst wenn es manchmal Probleme gibt. Ich mag das Spiel an sich einfach. In der Schule habe ich auch Volleyball gespielt und bin darin tatsächlich gut – das hat mir auch Spaß gemacht und ich könnte mir vorstellen, später auch mal Volleyball zu spielen. Handball habe ich auch gespielt aber das war nichts für mich.
Basketball ist für mich so eine Liebe, so eine Leidenschaft. Sehr viele meiner Freunde spielen es. Ja, Basketball ist einfach eine Liebe geworden.

Das klingt sehr nachvollziehbar. Und die Probleme, die du ansprichst – was sind das für welche?

Also meistens sind es einfach Probleme beim Spiel oder Training, wenn es etwas hitziger ist – wenn es zum Beispiel mal einen Fehlpass gibt und sich aufgeregt wird. Dann wird es auch schonmal lauter oder gemein aber meistens gehen wir danach aufeinander zu, nach dem Motto „Ey, war nicht so gemeint.“
Wir kennen uns und wissen, dass der ein oder andere im Training bzw. Spiel etwas hitzig ist. Danach ist dann wieder alles gut.

Verstehe. Kommen wir zum Spiel selbst. Du hast erwähnt, dass du Center spielst. Wie interpretierst du die Position bzw. wie wirst du eingesetzt? Schon etwas moderner mit Würfen von außen oder doch noch recht klassisch, mit deiner Größe unter dem Korb?

Wir variieren in unseren Spielen und versuchen, im oberen Bereich sehr viel im Pick&Roll zu spielen, Switches zu erzwingen usw. – dabei habe ich den Vorteil, dass ich eine sehr gute Positionswerferin bin und auch meine Freiwürfe gut treffe. Dreier kann ich auch, wenn’s drauf ankommt – also wenn die Möglichkeit besteht, werfe ich auch mal von draußen.
Meistens setzen mich meine Trainer aber so ein, dass ich in die Zone cutte, einen Pass bekomme und ihn reinmache. Ich gebe aber auch selbst viele Assists. Falls mal einer nach meinem Pass nicht reingeht, bin ich sofort beim Rebound und verwandle dann selbst. Es ist also eine Mischung aus klassischem Center und anderen Aufgaben.

Das klingt so, ja. Wo siehst du denn generell deine Stärken und in welchen Bereichen musst du dich noch verbessern?

Defensiv bin ich extrem stark, was auch meine Trainer sehr loben. In der Offense muss ich noch einiges lernen aber bin auf einem guten Weg. Ansonsten ist meine Ausdauer nicht die aller beste aber auch daran arbeiten meine Trainer und ich.

Und trotzdem spielst du ab und zu schon Oberliga – wie geht die Reise für dich weiter? Möchtest du bei KINGS&QUEENS bleiben oder steht irgendwann der Schritt zu einem anderen Verein an, vielleicht in Berlin?

Ich wurde letztens tatsächlich beim Training gefragt, ob ich das professionell machen möchte. Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Momentan würde ich sagen, eher nicht. Aktuell bin ich ja in der 10. Klasse und bald geht’s ans Abi – ob das dann alles von der Zeit her noch passt. Keine Ahnung.


„Keine Ahnung“ klingt auf jeden Fall nach gesunder Prioritätensetzung und Offenheit, was den Basketball betrifft. Denn am Ende bleibt der Spaß daran das wichtigste – die Leidenschaft für den Sport. Druck kommt ohnehin früh genug, und das nicht nur dort. So wünsche ich Lilly alles Gute für die Zukunft – ihren Weg werde ich gespannt verfolgen.

Und auch den des tollen Basketball-Projekts KINGS&QUEENS – ein Verein, dessen Präsident sich zum Ziel gesetzt hat, u.a. möglichst viele Kinder zum Basketball zu bringen, vor allem Mädchen eine sportliche Perspektive zu bieten und langfristig eine U16-Bundesligamannschaft mit Talenten aus Potsdam zu formen.



  1. MAZ-Artikel: „Montessori-Schüler in Potsdam West dürfen nicht mehr in die Sporthalle↩︎
  2. MIP: „Most Improved Player“; Spieler*in, die sich am meisten verbessert hat. Wird in der Regel ligaweit vergeben – hier auch intern. ↩︎
  3. Potsdam hat mit den Volleyball-Damen des SC Potsdam einen Bundesligisten inkl. Teilnahme in der Champions-League in der Stadt.
    Der Männermannschaft vom VfL Potsdam ist in der zweiten Bundesliga vertreten. ↩︎

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